WKB bei der Suchtprävention
Durchschnittlich 14 Jahre vergehen, bis Menschen nach dem Beginn einer Suchterkrankung professionelle Hilfe in einer ambulanten oder stationären Entwöhnungsbehandlung bekommen. Dabei könnte eine frühere Intervention häufig Familien, Arbeitsplätze und Leben retten. Für ihren erschreckenden Befund liefert die Caritas Bremen auch eine zentrale Begründung: Die größte Hürde für den Einstieg in den Ausstieg liegt oft in der Schwierigkeit, rechtzeitig Erstkontakte zu Therapeuten, Psychologen oder Fachärzten herzustellen. Genau auf dieses Problem zielt die Caritas Bremen mit ihrer Fachambulanz für Suchtprävention und Rehabilitation - ein Angebot, das maßgeblich von der Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe (WKB) mitfinanziert wird.
Rund 2,5 Millionen Menschen gelten in Deutschland nach Erhebungen der Caritas als behandlungsbedürftig alkoholkrank, dazu zählen fünf Prozent aller Werktätigen. Noch nicht erfasst sind in diesen Zahlen die Erkrankungen jener, die an anderen Suchtformen leiden - etwa an der Abhängigkeit von Medikamenten, vom Glücksspiel oder von sonstigen Drogen. WKB-Kuratoriumsmitglied Jürgen Roggemann (Enno Roggemann GmbH & Co. KG) und Christian Weber, Präsident der Bremischen Bürgerschaft und WKB-Vorstandsvorsitzender, ließen sich bei ihrem Projektbesuch von Caritasdirektor Martin Böckmann und Rolf Höpken, dem Leiter der Caritas-Fachambulanz für Suchtprävention und Rehabilitation, informieren über den aktuellen Stand des von der WKB geförderten Beratungsangebots.
"Das Problem ist ja wohl, Betroffene überhaupt erst einmal in die Eingangsberatung der Caritas hineinzubekommen", mutmaßte Roggemann - nicht zuletzt aufgrund einschlägiger Erfahrungen mit Mitarbeitern im eigenen Unternehmen. Damit hatte er die Ausgangssituation auf den Punkt gebracht. "Der erste Kontakt, etwa in Betrieben, Krankenhäusern oder hier bei uns ist das Wichtigste", erklärt Höpken, der über eine mehr als 20-jähige Erfahrung in der Arbeit mit Suchtkranken verfügt. Bis die Klienten erkennen und offenbaren, dass sie ein Problem haben, können etliche Jahre ungenutzt verstreichen. Die für die Ratsuchenden kostenlose Eingangsberatung bezahlen jedoch weder die Krankenkassen noch die Rentenversicherung. Genau diese finanzielle Überbrückung finanziert die Caritas aus WKB-Mitteln.
"Wir klären mit denjenigen, die sich an uns wenden, Zweifel und offene Fragen, erstellen einen Sozialbericht für eine eventuelle ärztliche Weiterbehandlung, sind Casemanager für Anträge, die dann für nachfolgende Therapieschritte notwendig werden, und sorgen dafür, dass diese Unterlagen anschließend zur Renten- und Krankenversicherung gelangen, damit eine Kostenzusage für weitere Behandlungsschritte gegeben werden kann", erläutert Höpken das Verfahren. Falls ein stationärer Therapieplatz gesucht wird, muss eine entsprechende Kostenzusage beschafft und eine Entgiftung organisiert werden. Auch diese Tätigkeiten gehören zum Spektrum des Angebots der Caritas.
"Ab welchem Konsum ist die Schwelle zur Abhängigkeit, zur Sucht, überschritten?", erkundigt sich Christian Weber. "Es gibt fachliche Kriterien dafür", sagt Rolf Höpken. Dazu zähle unter anderem Kontrollverlust - die Unfähigkeit, einen begonnenen Konsum zu stoppen.
"Heute ist anerkannt, dass Alkoholismus ein weit verbreitetes gesellschaftliches Problem ist", betont Martin Böckmann. "Es gibt zahlreiche Auslöser für diese Erkrankung, darunter auch Schicksalsschläge. Immer mehr Betriebe haben dies erkannt und wollen dazu beitragen, dass Lösungen gefunden werden, sie nehmen häufig von sich aus Kontakt zu uns auf. Es gibt im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements inzwischen enge Kooperationsvereinbarungen zwischen Firmen und der Caritas."
Bei der Caritas wissen die Verantwortlichen mittlerweile auch, dass eine Suchterkrankung häufig nicht das einzige Problem ihrer Klienten ist. Verwerfungen in den familiären Strukturen, Kündigungen oder Überschuldung können das individuelle Krisenszenario noch verschärfen. Die Caritas Bremen bietet hierfür weitere Beratungsdienste an und/oder vermittelt Ratsuchende an Kooperationspartner innerhalb ihres Netzwerks. "Für Betroffene, für Betriebe und für die Stadt Bremen ist es wichtig zu wissen, an wen man sich mit einschlägigen Problemen wenden kann."